Das gefesselte und geknebelte Pferd - ganz normal für viele ReiterInnen 

Momentan geht eine Aufregung durch die Reiterszene und das Netz wegen einer Vorführung von Hobblen auf der Pferdemesse.
Normalerweise würde ich da jetzt nicht meinen Senf dazu geben, wäre nicht zeitgleich der neue Katalog eines großen Pferdesportversandhauses in meinem Postkasten gelandet. Beim Durchblättern des Kataloges stelle ich fest, nahezu jedes Pferd auf den Fotos hat ein mit Sperrriemen zugeschnürtes Maul und die Auswahl an sog. Hilfszügeln ist groß. Landauf landab in den Reithallen und auf den Reitplätzen werden schockierenderweise Sperrriemen, Mouth Closer, Schlaufzügel, Ausbinder (und andere Verschnürungen, die den Pferdekopf in eine Position zwingen), Tie Downs, usw. verwendet. Diese Fesseln und Knebel werden völlig verharmlost und oft schöngeredet bzw. es wird ihnen ein (nicht vorhandener) Nutzen angedichtet. Diese Fesseln und Knebel werden in vielen Ställen von vielen ReiterInnen selbstverständlicherweise benutzt und nicht im Geringsten hinterfragt.
In meiner Tätigkeit als Pferdephysiotherapeutin habe ich nicht selten Pferde in Behandlung, die teils massive gesundheitliche Schäden durch den (korrekten!) Gebrauch dieser "Hilfsmittel" haben von den psychischen Schäden mal ganz abgesehen. Sperriemen (im Westernbereich sog. Mouth Closer) hindern das Pferd an der Kautätigkeit, dem Pferd wird verboten bzw. unmöglich gemacht, sichtbar zu machen, welche Fehler die ReiterInnen bei den Zügelhilfen machen. Verspannungen der Kaumuskulatur, Blockaden im Kiefergelenk und im Genickbereich sowie im gesamten Rücken sind häufig die Folge.
Alle sog. Hilfszügel, die den Pferdekopf in eine Position zwingen, führen zu körperlichen und seelischen Schäden bei vielen Pferden. Diese Zügel helfen nur einem, nämlich den unfähigen ReiterInnen ihre Pferde mit Kopf unten zu reiten bzw. zu longieren. Für das Pferd sind diese sog. Hilfszügel in keinster Weise eine Hilfe und führen nicht selten in die erlernte Hilflosigkeit und lösen teils erhebliche Rücken- und Beinerkrankungen vor allem an der Vorhand aus.
Es stimmt mich also wirklich fraglich und nachdenklich an der momentanen Aufregung ums Hobblen:
Hobblen ist nicht wirklich ein Thema in Deutschland, Österreich und der Schweiz und die Wenigen, die es praktizieren, werden es vermutlich weiterhin tun. Ich gewöhne meine Pferde sanft mit dem Strick und der Longe an Berührungen desselben. Dass Zäune so gebaut sind, dass sich das Pferd niemals darin verheddert liegt in meiner Verantwortung als Pferdehalterin. Hobblen ist also weder notwendig noch zu befürworten.
Was mich viel mehr als die Aufregung ums Hobblen beschäftigt:
Weshalb werden die alltäglichen Fesseln und Knebel in Form von Sperrriemen, Ausbindern, Schlaufzügeln usw. nicht verboten - und noch schlimmer: von vielen ReiterInnen nicht mal hinterfragt!????!
Das wäre viel wichtiger in unseren Landen, weil diese Fesselinstrumente und Knebel im täglichen Gebrauch selbstverständlich für viele PferdebesitzerInnen und TrainerInnen geworden sind - und eine große körperliche und seelische Qual für viele Pferde bedeuten.
Mein Weg mit Pferden: den Umgang mit dem Pferd und das Reiten bzw. Longieren lernen anstatt das Pferd zu fesseln und zu knebeln!
Bitte denkt zum Wohl Eurer Pferde mal darüber nach, schaut Euren Pferden in die Augen und fühlt genau hin: wollt Ihr Euer Pferd fesseln und knebeln - oder ist es nicht ein viel ehrenhafterer Weg den Umgang mit dem Partner Pferd und das Reiten/Longieren zu lernen anstatt sich mit primitiven Mitteln zu helfen, die das Pferd mundtot und bewegungsunfähig machen.

Schau Deinem Pferd in die Augen und fühle hin! Du entscheidest welche Ausrüstungsgegenstände Du verwendest und welche Du nicht verwendest.