Oft wenden sich PferdebesitzerInnen an mich, weil deren Pferd angeblich einen rausgesprungenen oder ausgerenkten Wirbel hätte, der wieder eingerenkt werden müsse.
Kann das sein, dass ein Wirbel rausspringt oder ausgerenkt ist? Wenn ein Wirbel der Wirbelsäule ausgerenkt oder rausgesprungen wäre, die Verbindung der Gelenkflächen der Wirbel zueinander also unterbrochen und verschoben wäre, dann würde das zur Lähmung oder zum Tod jedes Wirbeltieres führen. Es gibt also keine ausgerenkten oder rausgesprungenen Wirbel an der Wirbelsäule, die einfach so wieder eingerenkt werden könnten.
Was ich stattdessen bei diesen Pferden vorfinde sind Bewegungseinschränkungen bis hin zu kompletten Blockierungen bestimmter Wirbelsegmente auf Grund stark verspannter Muskulatur. Ursachen für verspannte Muskulatur können zum Beispiel sein: nicht pferdegerechtes Training/ unpassende Ausrüstung/ schlechte Hufbearbeitung/ ungünstige Haltungsbedingungen/ permanenter Stress oder Unfall/Trauma.
Auf keinen Fall darf nun am Pferd herumgerissen werden. Jede ruckartige Bewegung würde die Schutzspannung der Muskulatur noch zusätzlich verstärken bis hin zu Rupturen und Knochenabsplitterungen.
In manchen Fällen sind „Beulen“ und „Hubbel“ an den Dornfortsätzen spürbar, diese entstehen wenn die eigentlich flexiblen Knorpel auf Grund von Überbelastung verknöchern, dies kann so weit gehen, dass sich einzelne Dornfortsätze berühren oder gar miteinander verwachsen (sog. Kissing Spines).
Zu den negativen Auswirkungen der Bewegungseinschränkungen einzelner Wirbelsäulenbereiche kommt hinzu, dass blockierte Segmente der Wirbelsäule häufig zu einer Hypermobilität anderer Bereiche des Körpers führen, weil das Pferd versucht die eingeschränkte Bewegungsfähigkeit durch andere Bewegungsmuster zu kompensieren. Ein Teufelskreis entsteht.
Was ist die Lösung:
Am Wichtigsten ist es erste Anzeichen von Unbehagen oder Schmerz beim Pferd zu erkennen!
Wenn das Pferd sich nicht gerne bewegt oder aber ständig eilig oder spannig läuft, wenn das Pferd häufig stolpert, wenn sich das Pferd im Genick verwirft oder sich zu einer Seite schlecht biegen lässt, wenn es häufig im „falschen“ Galopp anspringt, wenn das Pferd beim Putzen, Satteln oder Gurten die Ohren anlegt, wenn es die Beine beim Hufeauskratzen wegzieht, wenn es beim Aufsteigen nicht ruhig steht, usw. ist oft Schmerz durch verspannte Muskulatur die Ursache. Pferde sind sehr harmoniebedürftige Lebewesen, sie wollen uns nicht veräppeln. Pferde haben IMMER einen Grund für ihr Verhalten. Verhalten ist Kommunikation!
Meiner Erfahrung nach ist es häufig so, dass sämtliche Widersetzlichkeiten seitens des Pferdes oft in verspannter Muskulatur begründet sind. Verspannte Muskeln schmerzen, weiterhin werden durch dauerhaft verspannte Muskulatur sowohl Durchblutung als auch Lymphfluss behindert und blockiert sowie Nerven permanent gereizt und irritiert.
Bitte hören Sie auf Ihr Pferd! Mit Verhalten und Körpersprache versucht das Pferd uns etwas mitzuteilen. Wenn unser Pferd Probleme hat, braucht es unsere Hilfe! Es liegt in unserer Hand als PferdebesitzerIn, dass es unserem Pferd gut geht und dass es uns schmerzfrei und freudig tragen kann sowie insgesamt ein schmerzfreies Leben führen darf. Deshalb sollten wir Haltung, Ausrüstung und Training unseres Pferdes stets kritisch prüfen und hinterfragen – und diesbezüglich auf unser Pferd hören. Nur ein gesundes, zufriedenes Pferd bereitet seinem Menschen Freude.